Der frühere Ruswiler Handball-Junior Sämi Weingartner spielt mittlerweile beim BSV Bern in der höchsten Spielklasse. (Bild: BSV Bern)

«Es war nicht immer einfach, mich zu motivieren»

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Nach der Verletzungsodyssee will der Ruswiler Samuel Weingartner seiner Handballkarriere beim BSV Bern neuen Schwung verleihen.

Luzerner Zeitung, 15. Oktober 2020, Ernesto Piazza

«Mir gefällt es extrem gut in Bern», sagt Samuel Weingartner. Und in den Worten des 24-jährigen Ruswilers schwingt viel Optimismus und Zuversicht mit. Langsam aber sicher tastet er sich beim BSV an höhere Aufgaben heran. In der Bundesstadt will der Rückraumspieler seine Handballkarriere neu lancieren. Nach einer rund einjährigen Pause, bedingt durch eine hartnäckige Verletzung, die zudem noch mit einem Vereinswechsel einherging, fühlt er sich mittlerweile «wieder sehr gut».
Das war in der Vergangenheit nicht immer so. «Sami» oder «Sam» wie er von Mitspielern, Kollegen und von seinem Umfeld gerufen wird, hat in den letzten Monaten des Öfteren eine Achterbahn der Gefühle durchlebt. Und dennoch: Aufgeben war für ihn keine Option. Weingartner verfolgte seinen Traum, als Handballprofi den Lebensunterhalt zu verdienen, konsequent weiter. Obwohl er gesteht: «Es war nicht immer einfach, mich zu motivieren.» Denn mit der Diagnose Ermüdungsbrüche konnte er nicht mehr spielen. Und umso länger dieser Prozess ging, «umso mehr zerrte er an den Nerven».
Dass der gelernte Zimmermann aber einmal diesen sportlichen Weg beschreiten sollte, war schon früh erkennbar. Sein Vater, ebenfalls ein früherer Handballer und heute noch Trainer in Ruswil, nahm ihn immer in die Halle mit. «Er ist mein grosser Förderer», weiss Weingartner. Und zugleich sein Mentor. Daher machte er die ersten handballerischen Gehversuche denn auch in Ruswil. Doch schon früh, mit 14 Jahren flog er aus, wechselte zur SG Pilatus, durchlief dort alle Elite Stufen, spielte später ebenfalls beim NLB-Team. In der Folge erhielt er beim Partnerverein Kriens-Luzern auch einen Zweijahresvertrag. Dieser sollte ihm die Möglichkeit bieten, sich peu à peu an das NLA-Niveau heranzutasten.

Die Verletzungen haben ihn weitergebracht
«Davon habe ich profitiert. Das hat mich sportlich weitergebracht», sagt der Ruswiler rückblickend. Allerdings habe man sich dann für ein weiteres Engagement nicht einigen können. Zugleich kam das Angebot von Gossau. Weingartner sollte mithelfen, die «Unabsteigbaren» weiterhin in der NLA zu halten, bei den Ostschweizern eine wichtige Rolle einnehmen. Zwei Jahre ging dieser Plan auf. In der dritten Saison kam jedoch die erwähnte Verletzung. In der entscheidenden Meisterschaftsphase konnte der 24-Jährige nichts mehr dazu beitragen, um den Gossauer Abstieg zu verhindern.
Mit dem Wechsel nach Bern wollte er einen Neuanfang starten. «Bei den Vertragsverhandlungen wusste der BSV, wie es um meine Verletzung steht», erklärt Weingartner. Nur: Sie zog sich hin, weil erneut ein Rückfall folgte, er erst gegen Mitte Februar wieder ins Geschehen eingreifen konnte. Und dann kam der Lockdown. Doch er betont: «In all den Monaten haben die Vereinsverantwortlichen nie Druck auf mich ausgeübt. Dafür bin ich ausserordentlich dankbar.»

Diese Verletzungsodyssee hat Weingartner weitergebracht, wie er heute sagt. Auch mental. «Jetzt weiss ich, wie mit solchen Situationen umzugehen.» Und Weingartner möchte dem BSV Bern nun mit guten Leistungen «etwas zurückgeben». Aktuell spielt er vor allem in der Deckung, im Innenblock, und fühlt sich dort wohl. Dass er momentan mehr verteidigt als angreift, sei auch den englischen Wochen geschuldet, die jetzt laufen, sagt er. Da heisst es: Die Belastung steuern, in der richtigen Dosis die nächsten Schritte planen, um ebenfalls seine offensiven Qualitäten zur Geltung zu bringen.

Der Traum von der deutschen Bundesliga
In Bern lebt der 24-Jährige auch seinen Traum «Handballprofi» weiter. Der finanzielle Zustupf reicht, um damit über die Runden zu kommen. Dennoch macht er sich auch Gedanken, was danach kommt. Daher möchte er sich bei Gelegenheit weiterbilden, die Berufsmittelschule in Angriff nehmen.
Vorerst allerdings liegt sein Fokus vollumfänglich beim Handball. Dereinst ins Ausland wechseln, davon träumt er ebenfalls. Am liebsten in die Deutsche Bundesliga. Und gedanklich wieder zurück in Bern erklärt er: «Wir haben das Potenzial, um unter die ersten Vier zu kommen.» Und Weingartner möchte ebenfalls Titel gewinnen. Warum eigentlich nicht mit dem BSV?